Kommunizieren kann so einfach sein, dass ohne jedes Missverständnis für beide Seiten akzeptable Ergebnisse erzielt werden. Das Verhandeln gelingt bisweilen wie von selbst, am Ende sind beide Seiten zufrieden. Der Kunde hat, was er wollte und der Händler kann den Verkauf als gelungen ansehen. Jeder hat aber auch schon das genaue Gegenteil erlebt, und zwar in dem Sinne, dass trotz erfolgreich scheinender Gespräche am Ende kein Abschluss zustande gekommen ist. Sachlich und fachlich war man sich einig, aber aus einem unerfindlichen Grund hat sich der Interessent schließlich doch anders besonnen und dem schon fertig ausgehandelten Vertrag aus unerfindlichen Gründen nicht zugestimmt.

Um die Ursachen für diese Paradoxie näher zu bestimmen, wenden wir uns an die Kommunikationstheorie. Besonders zwei Vertreter dieser Disziplin haben sich den Strukturen der menschlichen Kommunikation mit nachhaltiger Wirkung auf die Debatte zugewandt. Ihre Namen sind Sigmund Freud und Paul Watzlawick.

Können wir nicht kommunizieren?

Letzterer ist den Strukturen der Kommunikation mit einem berühmtem Beispiel auf den Grund gegangen. Eine Frau sitzt in einem Wartezimmer ihres Arztes und fixiert ständig den Fußboden. Zunächst könnten die anderen Wartenden annehmen, dass diese Frau nicht kommuniziert. Denn sie äußert sich nicht sprachlich, und wir sind gewohnt, Inhalte mit Hilfe der Sprache oder der Schrift weiterzugeben.

Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass die Frau im Wartezimmer dennoch kommuniziert, obwohl sie sich nicht verbal äußert. Durch ihre Körperhaltung und ihre Sprachlosigkeit vermittelt sie, dass sie mit anderen nicht in Kontakt treten will. Und auch dies ist eine Aussage, nur wird sie nicht sprachlich vermittelt, sondern nonverbal. Watzlawick folgerte aus dieser Situation, dass es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren.

Inhalt und Körpersprache

Bei genauerer Betrachtung besteht nach seiner Theorie jede Kommunikation aus einer inhaltlichen und einer Beziehungsebene. Inhaltlich werden Informationen vermittelt. Die kann durch sprachliche Äußerungen geschehen oder schriftlich. Aber eine rein informative Übermittlung ist nicht möglich, vielmehr werden mit Hilfe von Gesten, Mimik, Tonfall und Körperhaltung Beziehungsaussagen übermittelt.

Besonders die zweite Ebene bietet Möglichkeiten, die Kommunikation zu hinterfragen, um festzustellen ob und wie der Gesprächspartner überzeugt ist von seinem Gegenüber, oder ob er eine negative Haltung einnimmt. Mit nonverbalen Mitteln kann eine Bestätigung vermittelt werden, etwa wenn eine Äußerung als Kompliment verstanden wird. Aber auch eine Verwerfung wird bisweilen ausgedrückt, wenn ein Inhalt als negativ aufgefasst wird. Schließlich ist die Entwertung die stärkste Form der Ablehnung, wenn die Aussage des Sprechers entwertet wird.

Bei Verhandlungen sollten immer man beide Ebenen der Kommunikation beachtet werden, um jederzeit eine Rückmeldung über die Reaktion des Gesprächspartners zu erhalten. Wenn die Beziehungsebene als Rückkanal nicht abgefragt wird, entstehen Missverständnisse. Denn nur die Inhalte zu beachten kann dazu führen, dass die Einstellung des Verhandlungspartners nicht wahrgenommen und vielmehr ignoriert wird.

Gesten als universelles Werkzeug der Mitteilung

Übrigens sind die durch Gesten übermittelten Signale universell, sie sind von allen Menschen weltweit verstehbar. Untersuchungen haben ergeben, dass auf allen Kontinenten die selben gestischen Äußerungen verwendet und verstanden werden. Dies gilt auch für eine Person, die in einem ganz anderen Winkel des Planeten aufgewachsen ist. Wird sie mit Gesten einer Person eines anderen Erdteils konfrontiert, ist sie in der Lage, die Äußerungen zu verstehen und wird ihrerseits verstanden. Man schließt daraus, dass die nonverbale Kommunikation in der Evolution bereits entwickelt war, als die menschliche Sprache entstand.

Wir alle verwenden Gesten und äußern uns mit dem Tonfall der menschlichen Stimme oder durch unsere Körperhaltung. Aber dieses Verhalten ist überwiegend unbewusst, und damit sind wir bereit, uns dem Meister des Unterbewusstseins, nämlich Sigmund Freud, zuzuwenden.

Händedruck als Teil der Kommunikationstheorie
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Das Unbewusste in der menschlichen Kommunikation

Der Ahnvater der Psychoanalyse hat sich ebenfalls mit der Kommunikation auseinandergesetzt und kam zu ähnlichen Ergebnissen wie Paul Watzlawik. Den Zusammenhang zwischen inhaltlichen und nonverbalen Äußerungen hat er in seinem Eisberg-Modell veranschaulicht.

Das Modell beschreibt die Ebenen der Kommunikation, von denen eine nicht unbedingt offensichtlich ist. Denn in der Natur ist von einem Eisberg immer nur ein Teil sichtbar, nämlich etwa 20 Prozent. Der größere Teil mit 80 Prozent aber ist unter der Oberfläche des Wassers verborgen.

Sachebene und Beziehungsebene

Für Kommunikationsprozesse heißt das: nur ein geringer Teil der Botschaft wird direkt wahrgenommen, und zwar die Informationen, die auf der Sachebene vermittelt werden. Auf der Beziehungsebene werden zusätzlich vielfältige Aussagen angeboten, die zudem den Inhalt wesentlich beeinflussen.

Ist die Beziehungsebene gestört, ergeben sich auch Auswirkungen auf der Sachebene. Ein im wesentlichen sachliches Gespräch kann zu einer unschönen Auseinandersetzung werden, wenn sich der Tonfall auf negative Weise von den Ergebnissen der Verhandlungen unterscheidet. Wenn über ein Projekt zunächst Klarheit besteht, aber unterschiedliche Meinungen bei der Umsetzung auftreten, entstehen oft Schwierigkeiten für eine endgültige Einigung. Die Beziehungsebene hat also einen bedeutende Auswirkungen auf inhaltliche Aspekte von Gesprächen.

Auswirkungen auf geschäftliche Verhandlungen

Beide Theoretiker, Paul Watzlawik und Sigmund Freud, beschreiben das selbe Phänomen, wenn auch mit anderen Begriffen. Es gibt eine inhaltliche oder Sachebene, auf der die wesentlichen Elemente des Austauschs mitgeteilt werden. Dies ist die Welt der Fakten, der Zahlen, der Logik und der spezifischen Inhalte in einem Business.

Aber diese Strukturen sind nicht alles. Oft fließen Bewertungen nicht in die verbale Kommunikation ein, sie bleiben auf der Beziehungsebene, die oft auch als emotionale Komponente der Auffassung dargestellt wird. Dabei sind diese Äußerungen meist nur subtil, selten ist der Umschlag von einer störungsfreien zu einer missratenen Kommunikation so deutlich nachvollziehbar wie im obigen Beispiel.

Kommunikation und Rezeption

Erfolgreiche Gespräche, gelungene Verhandlungen haben meist zur Voraussetzung, dass beide Teilnehmer die nonverbalen Äußerungen – durchaus auch unbewusst – aufnehmen und für ihre Gesprächsstrategie verwenden. Auf diese Weise kann die Kommunikation als vollständig bezeichnet werden, unliebsame Überraschungen und unverstandene Enttäuschungen werden so vermieden.

Von einem Politiker – sei er besonders beliebt oder weniger angesehen – wird bisweilen gesagt, er sei ein großer Kommunikator. Wenn es auf Durchsetzungsstärke ankommt, mag dies ausreichend sein für politische Erfolge. Für Verhandlungen in komplizierten, vielschichtigen Angelegenheiten sollte aber jeder Beteiligte vor allem ein guter Rezipient sein. Wesentlicher Bestandteil einer Kommunikation, die zu sinnvollen Ergebnissen führen soll, ist es, dass jeder den anderen wahrnimmt und auch die emotionale Seite seiner Äußerungen respektiert. Und im Sinn einer erfolgreichen Geschäftsentwicklung.